Von den Anfängen bis zum Krieg

1878 wurde Mannheim in die Riege der Städte mit Pferdebahn aufgenommen. Dem zuvor gingen verschiedene Pferdeomnibusse, der teilweise auch nach Ludwigshafen fuhren - wohlbemerkt wurde die Rheinbrücke erst 1867 für den Eisenbahnverkehr, und 1868 für den allgemeinen Verkehr eröffnet. Die erste badische Eisenbahnlinie zwischen Mannheim und Heidelberg, 1840 eröffnet, hatte "Eilkurse", die dennoch 2 Stunden und 20 Minuten für die Strecke brauchten. Heute fahren moderne Elektrotriebwagen diesen Weg teilweise in unter 15 Minuten.

Charles de Féral stellte ab 1875 Planungen zum Bau einer normalspurigen Pferdestraßenbahn an. Ein erster Entwurf sah eine Streckenführung vom Ludwigshafener Bahnhof über die Rheinbrücke zum Paradeplatz vor, die im weiteren Verlauf über die Breite Straße und die Kurpfalzbrücke zu den Neckargärten führen sollte. Der Gemeinderat diskutierte Anfang 1876 dann auch dieses Thema, weitete die Planungen aber sogleich aus. Im Einzelnen sollten folgende Strecken errichtet werden.
- Vom Bahnhof über Planken zum Paraeplatz
- Vom Paradeplatz zum Rheintor
- Vom Pfälzer Hof (heute befindet sich dort der C&A) durch die Oberstadt zur Rheinbrückenstation
- Vom Rheintor zum Güterbahnhof
- Vom Bahnhof zur Rheinbrückenstation
- von der Kettenbrücke (später Friedrichsbrücke, heute Kurpfalzbrücke) ins Gebiet der heutigen Neckarstadt West.

Es folgte der schon damals vorhandene Slalom an den verschiedenen Hindernissen vorbei. Das Großherzoglich badische Handelsministerium, der Bürgerausschuß, der Vertragsabschluß. Als die Lokalpresse im Juni 1876 den Vertragsabschluß verkündete war bereits die nächste Strecke genannt. Sie sollte vom Bahnhof in die Schwetzingerstadt führen. Im Juni 1878 wurden dann tatsächlich 2 Linien in Betrieb genommen, zum einen war dies die Linie von der Kettenbrücke über Breite Straße, Paradeplatz, Schloß und Rheinbrücke zum Ludwigshafener Marktplatz. Zum anderen eine vom Rheintor (in etwa dort, wo sich heute die Haltestelle Rheinstraße befindet) über die Planken und den Kaiserring zum Hauptbahnhof.

Fuhr anfangs die Pferdebahn noch mit 2 Klassen, so wurde dies bald aufgehoben, stattdessen gab es Raucher- und Nichtraucherbereiche. Stallungen befanden sich zuerst in der Schwetzinger Straße, später auch imJungbusch, das Depot befand sich am Tattersall. Schnell wurde das Netz erweitert, in Ludwigshafen ging es weiter bis in die Prinzregentenstraße, auf Mannheimer Seite ging es über die Kettenbrücke zum Neckarstädter Bahnhof. 1886 trat Féral seine Rechte an eine belgische Gesellschaft ab, nachdem sein Betrieb mit Verlusten arbeitete. Diese Gesellschaft, die Féral als Betriebsleiter vor Ort einsetzte, erwies sich jedoch als nur bedingt kooperativ. Es ging sogar vor Gericht, da die Stadt die Einrichtung einer weiteren linie verlangte, die Gesellschaft sich aber weigerte. Daher kümmerte sich die Stadt seit 1894 darum die Pferdebahn durch ein anderes Verkehrsmittel zu ersetzen. Zunächst dachte man an Gasmotorwagen, Féral selbst schrieb noch Siemens-Schuckert zwecks Elektrifizierung der Bahn an. Dieser Schritt war auch nötig, nachdem Käfertal und Waldof eingemeindet wurden und nach einer Anbindung an die Bahn verlangten, wozu die FPerdebahn aber unterdimensioniert erschien. 1900 wurde dann auch die elektrische Straßenbahn endlich eingeweiht.

Dem zuvorgegangen war die Inbetriebnahme des Elektrizitätswerkes. Die Friesenheimer Insel und Neckarau waren eingemeindet worden, die Stadt Mannheim hatte sich flächenmäßig nachezu verdreifacht, einwohnermäßig fast verdoppelt. Am 10. Dezember 1900 fuhr der erste Wagen auf der Jungfernfahrt der neuen Elektrischen Straßenbahn. Vom Hauzptbahnhof ging es über Kaiser-, Friedrichs-, Luisenring zur Rheinstraße und über Paradeplatz, Planken zum Wasserturm. Der Betriebshof an der Collinistraße war noch nicht komplett fertiggestellt, angesichts der Beschaffung von 120 Fahrzeugen war dieser aber nötig geworden, eine Übernahme der alten Betriebsstätten der Pferdebahn schied aus.

Insgesamt wurde der komplette Betrieb komplett neu aufgebaut. Da aufgrund des Wechsels zur Meterspur nichtmal die Gleise behalten werden konnten, die ohnehin für die schweren Motorwagen nicht überall taugten, auch wurde das Straßenpflaster neu und besser errichtet. Bis 1902 konnten 18 Streckenerweiterungen vorgenommen werden, zwischenzeitlich gab es einen provisorischen Betrieb mit umgespurten Pferdebahnwagen. Der Betriebshof an der Collinistraße hatte jedoch mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Er befand sich auf dem zugeschütteten ehemaligen Neckarbett, die ohnehin schon üppigen Fundamente mußten verstärkt werden. Ludwigshafen errichtete dann eine Wagenhalle und die Strecken auf eigene Kosten, Mannheim finanzierte den gemeinsamen Wagenpark.

1902 waren dann folgende Linien in Betrieb:
 Rund bahn  (Wagenfolge alle 5 Minuten)
Mannheim Hbf - Wasserturm - Friedrichsbrücke - Rheinstraße - Paradeplatz - Wasserturm - Mannheim Hbf

 Waldhof - Anilinfabrik  (Wagenfolge alle 5 Minuten)
Luzenberg - Industriestraße - Mittelstraße - Breite Straße - Schloß - Rheinlust - Rheinbrücke - Ludwigstraße - Bahnhof Ludwigshafen - Anilinfabrik (BASF)

 MA Hbf - LU Hbf  (Wagenfolge alle 10 Minuten)
Mannheim Hbf - Lindenhofüberführung - Schloß - Rheinlust - Ludwigstraße - Ludwigshafen Hbf

 Gontardplatz - Panorama  (Wagenfolge alle 5 Minuten)
Gontardplatz - Lindenhofplatz - Lindenhofüberführung - Schloß - Breite Straße - Friedrichsbrücke - Panorama (Collini-Depot)

 Hafenstraße - Schlachthof  (Wagenfolge alle 5 Minuten)
Hafenstraße - Jungbuschstraße - Marktplatz - Breite Straße - Paradeplatz - Wasserturm - Tattersall - Seckenheimer Straße - Schlachthof

 Rheinstraße - Viehhofstraße  (Wagenfolge alle 5 Minuten)
Rheinstraße - Planken - Kaiserring - Tattersall - Schwetzinger Straße - Rheinhäuserplatz (Viehhofstraße)

 LU Hbf - Friedhof  (Wagenfolge alle 20 Minuten)
HBF - Ludwigshafen - Viadukt - Humboldtstraße - Rohrlachstraße - Friedhof (heute Hauptfriedhof)

Liniennummer waren noch nicht eingeführt, man unterschied nach Farben. Doch es ging 1903 noch weiter. Von der Friedrichsbrücke (vormals Kettenbrücke, heute Kurpfalzbrücke) zu den Kasernen (Käfertal), von der Viehhofstraße nach Neckarau, in Ludwigshafen von der Anilinfabrik nach Friesenheim und von der Kaiser-Wilhelm-Straße nach Mundenheim. Bemerkenswert auch, daß die Dampfzüge der SEG (heute OEG) und der Städtischen Straßenbahn auf dem Abschnitt nach Käfertal einträchtig im Gemeinschaftsbetrieb verkehrten. Gleichzeitig mußte ide Gleiskreuzung am Paradeplatz erstmalig erneuert werden, weil sie dem dichten Takt mit den schweren Triebwagen nicht gewachsen war. 1903 wurde auch der erste Triebwagen mit einer Plattformverglasung ausgestattet, bis dahin mußten die Fahrer noch bei Wind un Wetter im Freien stehen.

1904 erwog Ludwigshafen erstmals die Betriebstrennung. Zu den 12 offenen, 12 geschlossenen und acht umgebauten Pferdebahnwagen sollten 12 neue Beiwagen beschafft werden, die Ludwigshafen dann aber für sich beanspruchte. Schlußendlich erzielte man eine Einigung und 6 dieser Beiwagen sollten an Ludwigshafen gehen. Die Betriebstrennung erfolgte dann aber doch nicht. Der bis dahin recht zügige Streckenausbau wurde jedoch etwas gebremst. Erstmals gab es deutliche Einsprüche gegen die Straßenbahn, als Planungen für eine Strecke Rheinstraße - Parkring - Rheinlust laut wurden. Man fürchtete Zusammenstöße zwischen der Straßenbahn und Fuhrwerken, die zum Zentralgüterbahnhof unterwegs waren. Die Strecke wurde 1905 dann doch in Betrieb genommen.

1907 waren dann 154 Triebwagen in Betrieb, von denen täglich 119 fuhren, man sprach damals von einer knappen Reparaturreserve. Heute geht man von maximal 10% Reservebestand aus und hat nach Beschaffung der Niederflurfahrzeuge zahlreiche Altwagen abgestellt - und hat teilweise empfindlichen Fahrzeugmangel. So ändern sich die Zeiten.

Dies bedingte aber auch eine Ausweitung der Betriebshöfe, der Betriebshof Collinistraße (Halle I) wurde 1907 erweitert, 1906 ging in der Friesenheimer Luitpoldstraße ein kleiner Betriebshof in Dienst und wurde später als Halle III bezeichnet, 1910 folgte einer am Luitpoldhafen, der 1914 bereits erweitert wurde und mit Halle IV bezeichnet wurde. 1913 wurde die spätere Halle II in der Hohwiesenstraße in Betrieb genommen, 1927 folgte eine Halle in der Augartenstraße, bekannt auch als Halle V, heute als Möhlstraße.